Der erste Eindruck zählt (auch beim Lesen)
Stell dir vor, du gehst zu einem Anwalt. Er trägt Badeshorts und ein Hawaiihemd. Egal wie kompetent er ist – dein erster Impuls wird Skepsis sein. Genau so funktioniert Typografie im Webdesign.
Viele unterschätzen die Macht der Schrift. Sie suchen sich einen Font aus, weil er „hübsch“ aussieht. Doch im Webdesign ist Typografie weit mehr als Deko. Sie ist die Stimme deiner Marke. Wenn du einen Text liest, „hörst“ du ihn im Kopf. Die Schriftart bestimmt, ob diese Stimme seriös, verspielt, laut oder flüsternd klingt.
In diesem Artikel zeige ich dir, warum die Wahl der Schrift über Vertrauen und Sympathie entscheidet – und warum „Comic Sans“ auf einer Bestatter-Webseite keine gute Idee ist.
1. Die Psychologie der Schriften: Was Formen verraten
Jede Schriftart hat einen Charakter. Grob lassen sich Schriften in Kategorien einteilen, die wir unbewusst mit bestimmten Eigenschaften verknüpfen:
Serifen-Schriften (Serif): Denke an die „Times New Roman“ oder klassische Buchschriften. Sie haben kleine „Füßchen“ an den Buchstabenenden.
Wirkung: Traditionell, seriös, vertrauenswürdig, etabliert.
Perfekt für: Anwaltskanzleien, Zeitungen, Luxusmarken, Finanzberatung.
Serifenlose Schriften (Sans-Serif): Klar, reduziert, ohne Schnörkel (wie hier auf meiner Website).
Wirkung: Modern, sauber, tech-affin, zugänglich, ehrlich.
Perfekt für: Startups, Web-Apps, moderne Handwerksbetriebe, Agenturen.
Schreibschriften & Display-Fonts: Alles, was handgemacht oder dekorativ aussieht.
Wirkung: Persönlich, kreativ, emotional – aber manchmal schwer lesbar.
Perfekt für: Einladungskarten, kreative Portfolios, Food-Blogs (aber bitte nur für Überschriften!).
2. Context is King: Warum das Projekt den Font bestimmt
Es gibt keine „beste“ Schriftart, es gibt nur die passende. Ein Fehler, den ich oft sehe: Ein Unternehmen möchte modern wirken, nutzt aber eine altbackene Systemschrift. Oder ein Finanzdienstleister will „locker“ rüberkommen und greift zu einer verspielten Handschrift, die aber unseriös wirkt.
Ein paar Beispiele aus der Praxis:
Der Steuerberater: Hier suchen Kunden Sicherheit und Genauigkeit. Eine stabile Serifen-Schrift oder eine sehr geometrische Sans-Serif strahlt Kompetenz aus. Eine verschnörkelte Schrift würde hier Chaos suggerieren.
Das Burger-Restaurant: Hier darf es laut und fett sein. Eine dicke, vielleicht leicht strukturierte Schrift macht Appetit und wirkt handfest. Eine feine, edle Schrift würde eher nach 5-Sterne-Küche aussehen und die falsche Zielgruppe ansprechen.
Der Tech-Blog: Hier steht die Lesbarkeit an erster Stelle. Eine klare Sans-Serif (wie Inter oder Roboto) lässt das Auge schnell über die Zeilen gleiten.
3. Lesbarkeit schlägt Schönheit (immer!)
Neben der Emotion gibt es einen knallharten technischen Aspekt: Usability.
Eine Schrift kann noch so gut zum Charakter passen – wenn sie auf dem Smartphone nicht lesbar ist, ist das Projekt gescheitert. Als Webdesigner achte ich deshalb auf:
Kontrast: Hebt sich die Schrift gut vom Hintergrund ab?
Laufweite: Haben die Buchstaben genug Luft zum Atmen?
Responsive Verhalten: Sieht die Schrift auch auf kleinen Screens gut aus oder wird sie zu einem unleserlichen Brei?
Fazit: Design ist Kommunikation
Die Wahl der Schriftart ist eine strategische Entscheidung, keine reine Geschmacksfrage. Wenn Bildsprache, Farben und Typografie harmonieren, entsteht ein authentisches Markenbild („Branding“). Wenn sie widersprüchlich sind, verwirrt das den Besucher.
Wenn du das nächste Mal eine Website besuchst, achte mal darauf: Passt die Schrift zu dem, was das Unternehmen anbietet?
Du bist dir unsicher, ob deine aktuelle Website den richtigen Ton trifft? Schau dir gerne meine Referenzen an oder schreib mir. Gemeinsam finden wir die Typografie, die wirklich zu dir und deinem Projekt passt.